»Dürfen wir wirklich in einer solchen Wort-Gottes-Feier das Evangelium vortragen?«
»Ja, das Evangelium ist die Mitte dieser Feier. Nicht von ungefähr heißt diese Gottesdienstform Wort-Gottes-Feier.« »Wir als Laien dürfen das Evangelium verkünden – das ist ja wunderbar – dann freuen wir uns auf den Einführungskurs und die Wort-Gottes-Feiern. Denn es ist uns ein großes Anliegen, am Sonntag zusammenzukommen und Gottes Wort zu hören.«
In etwa so verlief ein kurzer Dialog im Rahmen einer Gemeindeversammlung im Anschluss an den Sonntagsgottesdienst der spanischen Gemeinde in Tübingen. Ich war zu dieser Gemeindeversammlung eingeladen, um über die Gestalt und Gestaltung der Wort-Gottes-Feier und unsere diözesane Regelung dazu zu informieren und den Gemeindemitgliedern Rede und Antwort zu stehen. Da diese Gemeinde nur noch sporadisch am Sonntag einen Priester finden kann, der mit ihnen in ihrer Sprache und mit ihren Gesängen die Eucharistie feiert, kamen Gedanken auf, ob ein sonntäglicher Gottesdienst auch ohne Priester gefeiert werden kann, denn die Unregelmäßigkeit des Zusammenkommens zu gottesdienstlicher Feier war für die Gemeindemitglieder auf Dauer äußerst unbefriedigend und Anlass zur Sorge, dass sie sich mit der Zeit aus den Augen verlieren könnten. Wir brauchen das Zusammenkommen und wir brauchen das Wort Gottes – diese Erfahrung, die bereits die Christen in neutestamentlicher Zeit machten, war impulsgebend, neue Schritte zu wagen. Inzwischen wurde das Feiermodell ins Spanische übersetzt und Gemeindemitglieder für die Leitung einer Wort-Gottes-Feier ausgebildet und beauftragt.
Ich stelle mir diese Wort-Gottes-Feiern sehr lebendig vor, begünstigt dadurch, dass der relativ kleine Feierraum keine Kluft zwischen Gemeinde und Gottesdienstleitung zulässt, die Lieder flott und fröhlich sind und Kinder ganz selbstverständlich dazugehören.
Gerührt bin ich noch heute von der Frage eines Gemeindemitgliedes: »Dürfen wir wirklich in dieser Wort-Gottes-Feier das Evangelium vortragen?« Mich bewegt vor allem die große Wertschätzung, die hinter dieser Frage steckt und die Ehre, die von den Vortragenden dabei empfunden wird.
»Davon könnten wir uns wirklich eine Scheibe abschneiden«, dachte ich beim Verlassen der Versammlung. Gespannt bin ich auf die weitere Anfragen von anderen muttersprachlichen Gemeinden und ihre Impulse für die Wort-Gottes-Feier.