archivierte Ausgabe 4/2009 |
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Einführung |
Worte des Gebetes atmen |
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Vor einiger Zeit konnte ich zwei Monate in Jerusalem leben. Dabei beobachtete ich bei Juden wie bei Muslimen, wie sie ihre Kinder in das Beten mit hinein nehmen. In Jerusalem, vor allem der Altstadt, bewegt man sich ständig in Gebetsworten. Da ruft der Muezzin seine Worte wie einen Gebetsteppich vor einem aus, oder die Glocken tönen aus dem anderen Teil der Altstadt, oder die Sabbat-Sirene kündet an, dass jetzt die andere Zeit angebrochen ist und Ruhe sich dem Menschen gönnt.
Ein Anblick hat sich mir tief eingeprägt. Diesen möchte ich an den Anfang dieser Ausgabe unserer WortGottesFeiern stellen. Ich war am großen Versöhnungstag, dem Jom Kippur, in der Großen Synagoge von Jerusalem und feierte den mehr als sechsstündigen Fest-Gottesdienst mit. Immer wieder kamen Väter mit ihren Söhnen hinzu und suchten ihren Platz. Auf der Frauenempore beobachtete ich, wie die Mütter mit ihren Töchtern einen Platz suchten. In einer langen Zeit des Einzelgebetes sah ich einen Vater mit dem Gebetsmantel, dem Tallit, wie er da saß und seinen Sohn im Arm hielt. Beide waren unter dem Gebetsmantel geborgen, saßen Kopf an Kopf mit Blick auf das Gebetbuch.
Nachdem mein Blick einige Zeit auf ihnen weilte, kam mir die Frage, wie ich denn Beten gelernt habe. Und keine Erinnerung tauchte auf, die von einem solch körpernahen Beten gewusst hätte. Dieses Beten des Kindes spürt den Atem des Vaters und blickt auf die Worte der Mütter und Väter im Glauben. Was für ein inniges Betenlernen. Und welche Innigkeit im Gebet kann aus einem solch leibhaftigen Lernen wachsen!
Beim Nachdenken kamen mir Erzählungen in den Sinn, wie ich sie von den »Alten« aus den Zeiten des Kriegs gehört habe. In fremden Räumen saßen sie oftmals stundenlang und wussten nichts weiter als zu beten. Müde von den Fluchtwegen in die ungewisse Zukunft, zusammengekauert auf engem Raum: Gebet. Ein Mann erzählte von der Mutter, die ihn und seinen Bruder beim Bombenangriff im Luftschutzkeller in den Armen hielt und betete.
Wie haben Sie beten gelernt? Gibt es diese körperliche Nähe, die die Worte selbst atmen lässt und von Klein auf einverleibt? Mich treibt die Frage um, wie denn unsere Kinder vertraut werden mit den Gebetsworten unserer Tradition und wie sie hineinfinden in unsere Liturgie. Dabei geht es mir nicht um die Pflege einer Tradition, damit diese nicht unterginge. Vielmehr geht es um das Vertrautwerden mit unserem Gott, durch das Hören auf sein Wort, das Schweigen und das Sprechen zu ihm und mit ihm. Gerade in den Gemeinden, wo die WortGottesFeiern mit dafür Sorge tragen, dass die Gemeinde vor Ort weiterhin zusammenfindet, haben auch die Kinder ihren Platz und können an uns Erwachsenen ablesen, was beten heißt und was uns verbindet. Vielleicht erfahren sie durch unser Atmen im Beten und Singen, welchem Gott wir glauben.
Ihr
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Heinz Vogel |
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