archivierte Ausgabe 5/2022 |
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Die Rollen werden immer neu verteilt |
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Oberammergau konnte dem Gelübde verpflichtet 2022 wieder die Passionsspiele durchführen. Corona zwang 2020 zur Absage. Alle waren sie vorbereitet und hatten sich ihre Rolle einverleibt. Doch dann: Lock down. Die Spannung halten und vor allem dran bleiben in der Verantwortung, die jede und jeder übernommen hat in Form einer Rolle.
Eine Dokumentation zu diesen Passionsspielen fesselte mich und brachte mir diese nahe. Es wird nicht einfach ein verfasster Text gelernt und wie schon immer alles gespielt. Die Auseinandersetzung mit der Leidensgeschichte Jesu, seiner Person, dem Judentum, dem Land und allen in Leben und Passion verwobenen Personen, fordert heraus. Ein Ort macht sich auf Spurensuche und spürt zugleich den eigenen Wurzeln nach. Ob Christen, Muslime, … – alle betreten sie eine Bühne, die das Leben im Ort schon lange prägte und sie alle verbindet.
Irgendwann sind die Entscheidungswürfel gefallen und hinter die einzelnen Rollen werden Namen geschrieben. Applaus, glückliche Gesichter, Tränen vor Rührung: »Ich darf Jesus spielen! – Ich Judas! – Ich Maria!« Wer möchte dies im Alltag jedoch sein: Judas? Oder die Mutter, die zusehen muss, wie ihr Sohn gefoltert und hingerichtet wird? Wer möchte ein Urteil über Leben und Tod fällen? Wer möchte zu denen gehören, die davonlaufen und den Freund in Stich lassen? Wer laut rufen: Ans Kreuz!
Die Würfel sind gefallen und es wurde und wird gespielt. In der Dokumentation ist auch das Danach der Premiere zu sehen. Alle sind glücklich, dass die Vorstellung ein Erfolg war, und fallen sich um den Hals. Jesus mit seinem blutigen Oberkörper ist glücklich. Ein Theater.
Doch in den Schauspielern hat sich etwas ereignet. Die Worte der Schrift haben sich einverleibt und sind in Beziehung getreten zu den Menschen, mit denen man unterwegs ist und am Ort lebt. Und es war ein »Spiel«. Doch die Rollen verteilen sich auch im Alltag immer wieder. Hass, Gewalt, Lüge … tragen ein Gesicht und sind Entscheidungen wie ich mich einem Andren gegenüber verhalte. Da spiele ich nicht eine Rolle, die mir zugeschoben wurde. Ich trage dafür Verantwortung. Solche Ereignisse haben zwei Jahre in manchen Orten gefehlt. Und nach dieser Durststrecke wurde in Oberammergau deutlich, dass es kein alter Zopf ist, den man nun endlich abschneiden kann. Es ist ein Gelübde, das immer wieder nach einer bestimmten Zeit erfüllt wird und einen Ort prägt. Alle sind mit ihrer Familiengeschichte hineinverwoben und wissen, wer in welchem Jahr schon welche Rolle gespielt hat. Keine Familie, die nicht irgendwie dazu gehörte und dazu gehört. Wie im Alltag auch. Durch ein solches Gelübde kann sich ein Ort weiterentwickeln und jede und jeder vertraut werden mit den Rollen, die im Leben immer jemand übernimmt.
Die Dokumentation hat mich berührt. Im Oberammergau spielen sie die Passion seit 14. Mai 2022 bis in den Oktober. Es wird deutlich, dass die Passion unentwegt weitergeht. Wo Folter, Gewalt, Krieg das Leben von Menschen prägen, auf den Fluchtwegen über das Mittelmeer, in den Flüchtlingslagern, an so vielen unterschiedlichen Orten – mitunter gar nicht weit weg vom eigenen zuhause – Welche Rolle spiele ich?
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Heinz Vogel |
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