archivierte Ausgabe 3/2024 |
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Leseprobe 1 |
Maiandacht |
Hülle und Fülle |
Lesejahr B |
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Die Schutzmantel-Madonna erfreut sich bleibender Beliebtheit in der Marienfrömmigkeit vieler Jahrhunderte. Das mag am menschlichen Grundbedürfnis der Geborgenheit liegen, aber auch an der Erfahrung von Schutzlosigkeit und Ohnmacht angesichts verschiedener Bedrohungen von außen und innen. Diese Maiandacht greift das bekannte Motiv des Mantels, lateinisch »pallium« auf und stellt es in aktuelle Zusammenhänge. Vor allem der Hospizbewegung ist es zu verdanken, dass der Begriff »palliativ« eine umfassende Vorstellung von Schutz eingeführt hat: physisch, psychisch, sozial und spirituell. Es liegt nahe, die Verbindung des mittelalterlichen Bildes in die Gegenwart zu übertragen und darin die Erfahrung von »Hülle und Fülle« im biblischen Wortsinn zu entdecken.
1 Einzug
Einzug aller am Gottesdienst beteiligten Dienste. Verneigung vor dem Altar oder Kniebeuge, dem Tabernakel zugewandt, wenn er im Altarraum steht. Der Einzug wird vom Kirchenportal aus begonnen; wenn Kinder teilnehmen, können sie vor den Ministrant/inn/en mit einziehen. Nach der gemeinsamen Verneigung (oder Kniebeuge) gehen sie an ihre Plätze. Dazu spielt die Orgel und/oder eine Musikgruppe eine instrumentale Eröffnung.
2 Kreuzzeichen und liturgischer Gruß
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Gemeinde: Amen. Die liebenswürdige Gegenwart umgebe uns mit ihrer Zuwendung, ihrem Schutz und ihrer Lebensfreude. Gemeinde: Amen.
3 Gesang zur Eröffnung
GL 536,1–3 »Gegrüßet seist du Königin«
4 Meditation I
Heute haben wir uns versammelt, um gemeinsam auf Maria zu schauen. Sie wird auf vielen Bildern – vor allem des Mittelalters – gerne mit einem großen Schutzmantel dargestellt. Unter diesem Mantel suchen Menschen die Geborgenheit Gottes. Maria wird dadurch zur Schutzhülle, zur beschützenden Kraft. Und sie wird damit Sinnbild für das, was die Bibel den Menschen verspricht, die sich in den Lebensraum Gottes begeben: ein Leben »in Hülle und Fülle«. Heute erleben wir, dass Menschen immer mehr meinen, sich diese »Hülle und Fülle« selbst herstellen zu können: durch Geld und gekaufte Erlebnisse, durch besondere Erfahrungen an herausragenden Orten, durch besondere Tagesroutinen, Ernährung, Meditation, Achtsamkeit, die richtigen Glaubenssätze und Karriereschritte und so weiter. Vielleicht stimmt es? Wer sich das alles selber leisten, selber machen und auch halten kann, braucht nach seiner Wahrnehmung auch keine Religion mehr. Weil für ihn oder sie schon im Diesseits, in der eigenen Arbeit, im eigenen Handeln der ganze Sinn des Lebens drin liegt. Wer aber erlebt hat, dass das Leben manchmal brüchig ist oder nicht immer nur eitel Sonnenschein, der oder die erfährt die religiösen Bilder des Schutzes und der Geborgenheit anders. Weil sie auch davon erzählen, dass nicht der menschliche Erfolg entscheidet, welcher Zugang zu Lebensressourcen uns zusteht, welchen Wert das Leben hat.
Das Bild des Schutzmantels eignet es sich darum bis heute für jede und jeden von uns. Denn wir spüren immer wieder, in ganz verschiedenen Situationen, dass wir Sehnsucht nach Schutz und Rückzug haben, dass wir ganz wörtlich Schutz bedürftig sind. Vor allem dann, wenn die äußeren Schutzmechanismen versagen, erleben wir das: bei Unfällen, in Krankheit, bei der Konfrontation mit Überforderung oder Ohnmacht, in Krisen, Angst und Unsicherheiten. Leben unter dem Schutzmantel Gottes, Leben in »Hülle und Fülle« meint ursprünglich nicht, in Überfluss zu leben. »Hülle und Fülle« bezog sich mehr auf die lebensnotwendige Kleidung und Nahrung. Es ging dabei um Schutz und Wohl – im Maß des »genug«. Genug, um gut leben zu können. Genug, um sich in einem sicheren Rahmen gut entwickeln zu können. Genug, um als Mensch wachsen zu können. So steckt in der Redensart »in Hülle und Fülle« am Ende ein ganz tiefes spirituelles Bild: wo ich eintauchen darf in die geistliche Hülle, den Schutzmantel der Geborgenheit, da entsteht ein Raum, in dem es sich leben lässt. Wo sehnen wir uns nach dieser »Hülle und Fülle«?
Angemessene Zeit der Stille
5 Gesang
GL 534,1–2 »Maria breit den Mantel aus«
6 Eröffnungsgebet
Lasset uns beten. Kurze Stille.
Gott, wir kommen zusammen, um miteinander dein Wort zu hören und zu beten. Wir brauchen deine Nähe und Geborgenheit und die Kraft deiner Verheißungen. In Jesus Christus schenkst du uns Leben in Hülle und Fülle. In Maria, der Schutzmantel-Madonna, finden wir Zugang zum inneren Raum, in dem wir sicher und geborgen sind. Wie Maria schenke auch uns die Erfahrung der Fülle des Lebens mit dir. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Gemeinde: Amen.
7 Psalm
GL 664.6 – Psalm 91 Im Wechsel gebetet (ohne Kehrvers)
8 Zwischenspiel
Instrumental
9 Meditation II
Haben Sie Bilder von unterschiedlichen Schutzmantel-Madonnen im Kopf? Seit dem 14. Jahrhundert gibt es zahlreiche Bilder und Figuren mit diesem Motiv. Sie finden sich häufig in Kirchen. (Hinweis, falls sich auch im Kirchenraum eine findet, in einer anderen Kirche der Seelsorgeeinheit, es ein Bild dazu gibt.) Ursprünglich war der Schutzmantel ein Motiv aus der römischen Justiz: wer seinen Mantel auf jemand legte, der bürgte für ihn und schätzte ihn somit. Und wir kennen auch andere Mäntel, die Menschen Schutz gewährten, wie den Mantel des heiligen Martin. In ihm wird deutlich, dass sich im Teilen das Reich Gottes ereignet: es schützt die Bedürftigen, es fällt aber auch ein Segen auf diejenigen, die geben. So ist es leicht nachvollziehbar, warum die Menschen des Mittelalters in der starken Frau Maria ihre Beschützerin suchten. Damals waren es vor allem die Angst vor Pest, Krieg und Feinden, vor denen sich die Zuflucht und Schutz wünschten. Nach dem Ersten Weltkrieg wandelte sich das Bild durch die Jugendbewegungen und die liturgischen Erneuerungen – und doch blieb die Sehnsucht dieselbe. Weil wir auch heute in Anbetracht von Katastrophen, von Krieg und Zerstörung diese Schutzräume brauchen, um uns als Menschen entwickeln zu können. Schutzräume, in denen wir im Vertrauen wachsen können, dass für uns gesorgt wird. Und auch dafür, innezuhalten, wenn es Zuviel wird. Und so wurde »Maria breit den Mantel aus« zum Repertoire aller deutschen Diözesen und findet deshalb selbstverständlich Eingang in das gemeinsame Gebets- und Gesangbuch Gotteslob, das 1975 zum ersten Mal erschienen ist. Und auch im neuen Gotteslob ist dieses Lied drin.
Weitaus stärker als das Bild der Schutzmantelmadonna wirkt aber heute das Bild des Mantels an anderer Stelle fort in unserem Alltag. Cicely Saunders, die Pionierin der Hospizbewegung, bringt mit dem Mantel die erneuerte und vertiefte Bedeutung des Schutzraumes im christlichen Sinne ins Bild. Angelehnt an die mittelalterlichen Hospize, die Reisenden und Pilgern Gastfreundschaft, Herberge und Krankenpflege anboten, wird die Bezeichnung »Palliative Care« zur Kurzformel: das Hospiz sorgt für Menschen und bietet ihnen einen Schutzraum an, in dem das Leben begleitet und ohne Schmerzen enden darf. Denn gerade am Lebensende wird oft noch einmal deutlicher als zuvor, was das Leben wirklich wertvoll macht. Es ist nicht mehr die Fülle im Sinne der großen Menge von Dingen oder Erlebnissen. Ganz im Gegenteil reduziert sich am Lebensende die Qualität auf Nähe, auf Verbundenheit, auf Schmerzfreiheit und Zuwendung.
Aus »Hülle und Fülle« wird eine beschützende Hülle, um die Fülle des gelebten Lebens, wo es möglich ist, dankbar wertzuschätzen, um es schließlich ganz abzulegen. So werden aus den äußeren Bildern nach und nach innere. Wo erleben wir diesen Schutzraum, können wir Erwartungen wandeln in Wertschätzung dessen, was ist?
Angemessene Zeit der Stille
10 Zwischenspiel
Instrumental
11 Fürbittendes Gebet
GL 676.4 Gebetsteil ab »Maria, du Magd des Herrn, du bist uns nahe …« wie abgedruckt oder auch gemeinsam zu beten.
12 Meditation III
Der Schutzmantel, das römische »Pallium« wird zur palliativen Kraft – für uns alle, mitten im Leben. Auch wenn wir den Begriff sonst eher mit Krankheit, Sterben und Tod, mit Palliativstationen und Hospizen verbinden, wenn es um die letzten Dinge geht. Palliativ leben, im Leben und Handeln ummantelt sein, das heißt, sich gut begleitet wissen, umsorgt sein, aufeinander achtgeben. Das ist eine Sehnsucht und zugleich eine Bedingung für das Leben, für Entwicklung und Wachstum. Gehen wir mutig und freudig mit auf diesem Weg zur inneren Geborgenheit! Maria weist uns dazu gut und gerne die Richtung.
Angemessene Zeit der Stille
12 Danklied
Die Gemeinde sitzt. GL 524,1.4–7 »Meerstern, ich dich grüße«
13 Schlußgebet
Lasset uns beten. Kurze Stille.
Heilige Maria, du lässt uns nicht im Regen stehen. Du erklärst dich solidarisch, öffnest deinen Mantel weit und gibst allen Schutz und Sicherheit, die sich bei dir unterstellen. Wir danken dir für dein Vorbild. Hilf uns, dass wir für uns selber und auch für andere geschützte Räume entdecken, die uns ein Leben in Fülle ermöglichen. Lass auch uns, wie du, vertrauen in Gott, der in seiner umbergenden Liebe da ist in Jesus Christus, unserem Herrn. Gemeinde: Amen.
14 Segensbitte
Während der Segensbitte können die Anwesenden einander die linke Hand auf die Schulter ihres linken Nachbarn legen
Gott umhülle dich. Gott schütze dich. Gott segne dich. Auf die Fürsprache der heiligen Maria, der Schutzmantelmadonna, mögen wir alle von Gott umhüllt, beschützt und gesegnet sein. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Gemeinde: Amen.
15 Entlassung
Singet Lob und Preis. Gemeinde: Dank sei Gott, dem Herrn.
Danach Verneigung vor dem Altar oder Kniebeuge, dem Tabernakel zugewandt, wenn er im Altarraum steht.
16 Auszug
Auszug aller am Gottesdienst beteiligten Dienste. Orgelnachspiel.
17 Gestaltungsvorschlag
Maiandachten können Gelegenheiten bieten, musikalisch Gruppen oder auch Einzelinstrumente einzubeziehen. Entsprechend könnten Musik z. B. am Anfang oder Schluss auch mehr Raum bekommen.
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Wolfgang Müller |
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